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De Gustibus

DE GUSTIBUS 2019

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Field Marshal Graf Johann Josef Wenzel Radetzky, Portrait by G. Decker, c. 1850

Zu Recht ist man in Italien auf eine altehrwürdige kulinarische Tradition stolz. Hier wurde das erste Kochbuch der Welt gedruckt, das „De honesta voluptate“ (1465) vom päpstlichen Bibliothekar Palatina, und hier wurde seit der Antike schon Essbesteck benutzt, was sich erst mehrere Jahrhunderte später im Rest von Europa durchsetzen sollte, in Frankreich z.B. im Jahre 1533 dank der Verehelichung des späteren Königs Heinrich II. mit Catherina de Medici. Neben der Gabel führte sie auch eine Vielzahl von Rezepten ein, die zum Grundstein der Haute Cuisine wurden.

Doch an einem Thema scheiden sich die Geister: das „Schnitzel“, auf Italienisch „Cotoletta“, wer hat’s erfunden? Die Wiener oder die Mailänder? Die Österreicher meinen, die italienischen Köche hätten sich die Zubereitung von den Besatzungstruppen während der Unabhängigkeitskriege Mitte des 19. Jahrhunderts abgeguckt. Die Italiener im Gegenzug behaupten, niemand geringerer als Josef Radetzky, der berühmte Feldmarschall, hätte während seines langen Aufenthaltes in Italien das Gericht gekostet und heimgebracht. Tatsächlich war Radetzky mit einer Strassoldo, dem friaulischem Adelsgeschlecht, verheiratet, und in Italien verbrachte er sowieso mehr als genug Zeit, starb sogar in Mailand, realitätsfern ist die Theorie demnach nicht, handfeste Beweise fehlen allerdings.

Die Mailänder sehen die Frage damit aufgelöst, dass in einer Beschreibung eines Festmahls aus dem Jahre 1148 gewisse „Lombos cum Panitio“ (panierte Kalbslenden) auftauchen. Die Dokumente sind zum Stolz der Stadt in der Sant’Ambrogio Basilika ausgestellt. Die Österreicher wiederrum verstehen die Sache spätestens seitdem geklärt, als ein pensionierter Universitätsprofessor aus Wien beweisen konnte, dass eine Episode des Mythos Radetzky’s um einen mutmaßlichen Flügeladjutanten Namens Graf Attems, der das Mailänder Rezept in einer Randnotiz an den Kaiser erwähnt haben sollte, frei erfunden ist.

Es wird also weiter gestritten. Beide Seiten verlieren dabei aus den Augen, dass es sich genaugenommen um zwei unterschiedliche Speisen handelt, die auch anders zubereitet werden. Das Wiener Schnitzel vom Kalb ist ohne Knochen und hauchdünn, wird sogar noch leicht geklopft und schließlich in Mehl gewendet. Die Mailänder Version vom Kalb ist oft mit Knochen, drei oder sogar vier Zentimeter dick und wird nur in Paniermehl gewendet.

Doch wenn man hier- oder dortseits der Alpen sitzt, in einer guten Trattoria oder eben einem Gasthof und das zartgekochte Fleisch, die delikate, zitronenbespritzte Panade, im Gaumen zergehen lässt, dann wird man schnell vergessen, dass sich überhaupt eine Grenze zieht zwischen diesen zwei Ländern, die so viel gemeinsam haben, und doch so anders sind.

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