Cinecittà 2020
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Zwei Riesen des italienischen Kinos hätten dieses Jahr ihren hundertsten Geburtstag gefeiert: der Regisseur Federico Fellini und der Schauspieler Alberto Sordi. Der Erste wurde ein internationaler Star und gewann fünf Oscars, der Zweite blieb eine Lokalikone der Stadt Rom, wo er als Geschenk zum achtzigsten Geburtstag sogar einen Tag den Bürgermeister spielen durfte. Fellini und Sordi lernen sich während des Krieges kennen, als Fellini von Rimini nach Rom zieht und Giulietta Masina heiratet. Die Hochzeit findet im Oktober 1943 statt. Es sind düstere Zeiten, die Ewige Stadt ist von Nazis besetzt. Die einzige Feierlichkeit, die sich das Paar an diesem Tag leistet, ist ein Theaterbesuch am Nachmittag. Sordi steht auf der Bühne. Er sieht die zwei hereinkommen und unterbricht die Aufführung: „Ein Freund ist hier, er heißt Federico, er hat gerade Giulietta geheiratet. Ich bitte euch, mir zu helfen, ihm ein kleines Geschenk zu machen. Es kostet euch und mich auch nur recht wenig. Ich bitte euch, für meinen Freund Federico aufzustehen und zu applaudieren.“
Als Fellini 1952, fast zehn Jahre später, seinen ersten Film drehen darf, Die bittere Liebe, trifft er zufällig Sordi, der zwar als Synchronsprecher von Laurel und Hardy Erfolg hatte, aber von den Produktionshäusern als Schauspieler nicht ernst genommen wird. Sordi fragt Fellini, ob er schon die Hauptrolle gecastet hätte. „Noch nicht“, antwortet Fellini etwas gereizt. Da öffnet Sordi seine blauen Augen weit auf und sagt mit großer Schlichtheit: „Federì, warum lässt du mich nicht die Hauptrolle machen? Du weißt, dass ich gut drin wäre.“ Er sagt das ernst, ohne Anmaßung, schon halb auf eine Ablehnung eingestellt. Fellini denkt sich erst nichts dabei, doch, wie er später zugeben würde, hat Sordi etwas in ihm ausgelöst und so entscheidet er sich, ihm eine Chance zu geben. Das Vorsprechen läuft außergewöhnlich gut und Sordi kriegte die Rolle.1953 dann der Durchbruch. Zusammen drehen sie den Film „Vitelloni“ (Die Müßiggänger). Ein Wort, das, was wie auch bei späteren Fellini-Filmen (man denke an „Dolce Vita“ oder „Paparazzi“) die italienische Sprache bereichern wird. Der Film erzählt eine Geschichte, die eine Generation prägt. Die Vitelloni (wörtlich Jungrinder), das waren all die Muttersöhnchen der Boom-Jahre, die große Träume hatten, aber zu sehr der gemütlichen Provinzroutine verfallen waren, um sie zu verwirklichen. Nach diesem Erfolg ging jeder seinen eigenen Weg. Sie würden Freunde bleiben, aber bis auf „Cameo-Auftritte“ keinen Film mehr zusammen machen.
Fellini werkelt immer weiter an seinem kreativen Kosmos, der in den frühen 60er Jahren mit 8 ½ seine Formvollendung findet und bis in die 70er in immer gewagteren Versionen nachwirken wird (Casanova, Amarcord, Fellinis Roma). Sordi wird einer der großen Interpreten der Commedia all’italiana – eines Genres, das einige der genialsten Filme Italiens hervorgebracht hat, leider aber außerhalb des Landes wenig verstanden wird – von „Man nannte es den großen Krieg“ bis zu „Die tolldreisten Streiche des Marchese del Grillo“. In diesem Film sagt er den bis heute noch oft gehörten Spruch, der wohl nicht nur auf ihn, sondern auch auf seinen genialen Freund Federico zutrifft: “Me dispiace, ma io so’ io e voi non siete un cazzo!” („Nehmen Sie es mir nicht übel, aber ich bin ich und ihr seid ein… !“)
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