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Cinecittà

Cinecittà 2021

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Alberto Sordi mit Federico Fellini

2020 war vieles, unter anderem auch das Jahr ohne Kino. Wenn die Filmsäle geschlossen sind, stürzen sich die Menschen auf die Streamingdienste und begnügen sich oft mit leichter Kost, oftmals TV-Serien, denn man versucht zu vergessen, dass draußen eine Pandemie wütet. Trash wie Tigerking, eine pseudo-Dokumentation um den Zoobesitzer Joe Exotic oder Neo-Schnulze mit „farbblindem“ Cast wie Bridgerton. Doch ein paar gute Filme hat auch dieses Jahr Cinecittà hervorgebracht.

„Favolacce“ („Bad Tales“) der Brüder D’Innocenzo war einer davon. Der Titel ist Programm, denn was sich hier in der Peripherie Roms abspielt hat etwas mit Märchen (Favol-) zu tun, aber auch damit, was alles schiefgehen kann, wenn sich dieses mit der Realität auseinandersetzen muss (-acce). Die Geschichte dramatisiert im Rahmen einiger benachbarter Familien das Zerplatzen des kapitalistisch-bürgerlichen Traumes. Die Frustration der Eltern lässt dabei die sonst eher apathisch wirkenden Kinder nicht kalt, sie reagieren am Ende auf die erdenklich schrecklichste Weise. Bemerkenswert ist die filmische Sprache, die es vermag, so schnell Register zwischen Fantasie und Wirklichkeit zu wechseln, dass man sich bald in der Erzählung verliert. Das erinnert an „Lazzaro Felice“ („Glücklich wie Lazzaro“, 2018) von Alice Rohrwacher oder die Filme von Matteo Garrone und Edoardo De Angelis.
Im italienischen Kino scheint sich eine neue Welle des magischen Realismus aufzubauen.

Der zweite Film des Jahres ist „Martin Eden“ von Pietro Marcello. Der Regisseur transportiert Jack Londons berühmten Künstlerroman in das Neapel der siebziger Jahre. Ein junger Matrose namens Martin Eden rettet einem Mädchen aus bürgerlichem Hause das Leben. Ihre Familie zeigt sich dankbar und lehrt dem quasi Analphabeten Kunst und Kultur. Doch als er sich in sie verliebt und zudem noch den Traum verfolgt, Schriftsteller zu werden, folgt das altbekannte Drama des Klassenkampfes. Pietro Marcello, bis jetzt bekannt als ein Vertreter des „cinema della realtà“, des neuen Dokumentarfilms à la Gianfranco Rosi, versucht sich nun an einem Spielfilm. Das gelingt in der ersten Hälfte so gut, dass man das Meisterwerk ausrufen will, in der zweiten verliert sich die Geschichte leider ein wenig. Besonders gelungen sind die ausdrucksvolle Performance von Luca Marinelli und – auch hier – die Gegenüberstellung von Fantasie und Realität, die sich nicht nur in den Arbeiteraufständen der bleiernen Jahre zeigt, sondern auch in den hineingeschnittenen Dokumentar-Sequenzen des alten Neapels.

Der Erfolg beider Filme zeigt, dass es auch zu Pandemiezeiten lohnend sein kann, sich der Fantasie hinzugeben, ohne die Realität komplett aus den Augen zu verlieren.

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